Medan, Singapur, Johor Baru, Malakka, Kuala Lumpur – das ist unser Programm der letzten zwei Wochen. Für den einen klingt das vielleicht spannend, für uns klingt das irgendwie… nicht nach uns. Warum besuchen wir so viele große Städte in so kurzer Zeit, wo wir Städte und große Menschenansammlungen doch sonst meiden, wie die Pest? Hier ist die Antwort!
Bei unserem letzten Update berichteten wir euch von unserem Dschungelabenteuer auf Sumatra – ein tolles Erlebnis und ein echtes Abenteuer mit allem was dazu gehört. Als wir uns vom Lake Toba aufgemacht haben nach Medan, um von dort nach Singapur zu fliegen, waren wir uns aber einig, dass wir vom Dschungel, der feuchten Schwüle und dem ganzen Getier erst einmal genug gesehen haben. Ein bisschen unter dem goldenen Schirm der Zivilisation verweilen, kann doch nicht so verkehrt sein, oder? Gesagt getan, quartieren wir uns für drei Tage bei „Joy“ ein, einer reizenden jungen Couchsurferin mit chinesischen Wurzeln, die an der Buddhistischen Hochschule in Medan studiert hat. Trifft sich gut, haben Elli und ich unsere tägliche Meditationspraxis doch ein wenig schleifen lassen in letzter Zeit. Also verbringen wir Zeit mit Meditation im Tempel, was wir nach all den Erlebnissen sehr genießen. Den Kopf frei bekommen und tief entspannen, kann man gar nicht oft genug tun. Außerdem planen wir ein wenig unsere nächsten Schritte und Skypen mit der Familie, was wir ebenfalls viel zu selten tun. Großstadt ist also doch gar nicht so schlimm von Zeit zu Zeit, wenn auch Medan ziemlich an ein großes, überbevölkertes Ghetto aus einem dystopischen Sci-Fi-Film erinnert. Außerdem erschreckend: Die Zerstörung des Dschungels zugunsten von klimaschädlichen Palmölwäldern ist bei einer Überlandfahrt mit dem Bus beunruhigend deutlich anzusehen. Apropos Umwelt: Auffällig ist bisher in ganz Asien der achtlose Umgang mit Müll - überall liegt Müll herum, da die Menschen hier (mit Ausnahme in Singapur) überhaupt kein Umweltbewusstsein haben: Plastikverpackungen werden grundsätzlich aus dem Autofenster geworfen und eine Müllabfuhr gibt es häufig nicht. Das bedeutet: Überall, wirklich überall in den asiatischen Ländern, die wir bisher besucht haben, liegt unglaublich viel Müll herum - ein Blick auf das Bild in der Galerie unter diesen Zeilen gibt dir einen guten Eindruck.
Wer denkt, dass Asien außerhalb Japans ziemlich arm ist, war noch nie in Singapur. Das 5-Millionen-Seelen Stadt-Land am Südzipfel Malaysias ist mit Abstand die reichste Stadt, die wir je gesehen haben (ist sie übrigens auch ganz offiziell). Vier Tage verbringen wir hier und lernen so einiges über die Stadt, das uns sehr fasziniert: Singapurs Bevölkerung besteht zu 70 Prozent aus Chinesen, etwa 15 Prozent Indern und Etwa 10 Prozent Malaysiern. Christen, Buddhisten, Hindus und Muslime leben hier absolut friedlich und gleichberechtigt nebeneinander, ohne dass es zu Problemen kommt. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf liegt hier fast doppelt so hoch wie in Deutschland und etwa 1,5 Millionen Ausländer arbeiten hier längerfristig. Außerdem ist es die sauberste, sicherste und unglücklichste Stadt der Welt laut einigen Statistiken. Hier ein Erklärungsversuch: Dass die Stadt so sicher ist, liegt wohl an dem Rechtssystem. Es gibt für alles Regeln, die auch überall per auffälligem Schild deutlich kommuniziert werden: Kippe auf den Boden werfen: 1000 Dollar Strafe. Müll achtlos wegwerfen 2000 Dollar Strafe. Drogenschmuggel? Todesstrafe. In geringeren Fällen Stockhiebe und Gefängnis. Diese Liste könnten wir ellenlang fortsetzen. Während wir zu Fuß die Stadt erkundet haben, bei 20 Kilometern am Tag(!) ist uns auch nur ein einziges Vergehen aufgefallen und zwar ein Falschparker, der direkt 500 Dollar abdrücken musste. Elli und ich waren uns aber einig, dass uns dieses System gefällt, denn wenn man schon Regeln einführt, sollten sie befolgt werden. Schließlich funktioniert hier so einwandfrei wie nirgendwo sonst.
Selbst Deutschland kann sich hier noch einiges abschauen. Aber das viele Geld zwischen all den Wolkenkratzern, täglichen Licht- und Lasershows, Gehwegen mit LED-Lichtbändern und den allgegenwärtigen Reinigungsteams hat auch Schattenseiten. Geht man von einer Hochglanz Shoppingmall zur nächsten, begegnen einem nur Menschen, die starr auf ihre neusten iPhones starren, oder gehetzt mit ihren Handys diskutieren. Lächelnde Gesichter sucht man hier vergebens. Jeder lebt hier scheinbar in seiner eigenen Blase aus zu viel Arbeit, Einsamkeit und der sozialen Kälte einer Leistungsgesellschaft. Ein goldenes Hamsterrad. Außerdem müssen wir bei all der Verschwendungssucht häufig schlucken, nachdem wir so viel Armut auf unserer Reise gesehen haben: Auf der Orchard-Road, einem Hardcore-Kommerz-Tempel in Form einer langen, langen Straße wurden einige Abschnitte des Bürgersteigs mit Klimaanlagen gekühlt – wie abgeknallt ist das denn?! Ganz nett und ein echtes „guilty pleasure“ war dafür die Unterkunft bei unserem Couchsurfing Gastgeber: Ein bewachter Wohnkomplex mit Außenpools, Whirlpools, Fitness-Räumen und Tennisplatz. Ein weiteres Zivilisationshighlight war übrigens ein Besuch im 3D-IMAX, wo wir uns "Fantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind" angeschaut haben - ein echtes Erlebnis!
Singapur wird nur durch einen Fluss bzw. Kanal von Malaysia getrennt, sodass wir Malaysia erreichen, indem wir einfach per Bus über eine Brücke fahren, direkt in die nächste Großstadt. Hier fällt uns gleich auf, dass Malaysia auch alles andere als Arm ist, wenn auch deutlich ärmer als das dekadente Singapur. Dafür aber übrigens viel Moderner als so manche Italienische oder Griechische Großstadt. Außerdem lächeln die Menschen wieder und blicken auch ab und zu mal von ihren Smartphones auf. Was aber nervt ist folgendes: In dem Land leben 60 Prozent Muslime, davon sind 90 Prozent Malayen. 20 Prozent der Bevölkerung sind ethnische Chinesen (Buddhisten), die 75 Prozent der Wirtschaftskraft ausmachen, also dem Land seinen relativen Reichtum bescheren. Da sie aber keine Muslime sind, stehen ihnen keine Beamtenjobs oder gar Regierungsposten offen und sie müssen mehr Steuern bezahlen als Muslime und werden auch sonst hier und da benachteiligt. Wir haben sogar gesehen, wie eine Monorail durch einen buddhistischen Tempel gebaut wurde. Furchtbar! Das Beste an Johor Baru, kurz „JB“ ist aber unser Couchsurfing-Gastgeber Shinto, ein Iraner, der in Japan geboren wurde und schnell ein neuer Freund wird. Wir waren durch unsere Iranreise ja schon positiv voreingenommen gegenüber Persern, aber Shinto hat das Ganze noch einmal durch extreme Gastfreundschaft und generelle Offenheit und Herzlichkeit unterstrichen. So verbringen wir die vier Nächte hier mit gemeinsamen Fernsehabenden (nach so langer Zeit mal wieder eine Gaudi), Jogging auf einem gigantischen Golfplatz und Schwimmunterricht (Shinto ist Manager eines Schwimmclubs). Zum Abschluss gibt es sogar ein Koreanisches All-You-Can-Eat Barbecue, dass für das Restaurant sicherlich geschäftsschädigend war. Für umgerechnet 5 Euro pro Person, haben wir mit Shinto und einem anderen iranischen Freund etwa zwei Stunden lang gezeigt, wie viel ein Europäer/Iraner im Vergleich zu einem Chinesen/Malaysier verdrücken kann. Beispiel gefällig? Vegetarier weghören: Wir haben 12(!) gehäufte Teller Bacon verputzt und noch einmal genauso viele Teller Bauchspeck und Hähnchen. Falls wir für diese Massenvernichtung in die Hölle kommen, wissen wir wenigstens, wie man die Feuer dort zum Grillen benutzt.
Malakka ist bekannt durch seine Rolle in Malaysias Geschichte: hier haben die verschiedenen Kolonialmächte und davor die Gewürzhändler einen ihrer Hauptumschlagplätze errichtet, der mehrfach umkämpft war und deshalb die Architektur mehrerer Länder wie Portugal, Holland, Japan, Persien, China etc. zeigt. Einen schönen Stadtrundgang mit unserem Malaysischen Gastgeber Enrico später sind wir uns sicher, dass dieser Touristenhotspot an der Straße von Malakka zwar ganz schön ist, uns aber nicht für einen dritten Tag fesseln kann, darum geht’s kurz darauf weiter nach Kuala Lumpur und den weltberühmten Petronas Towers. Davon berichten wir euch aber erst die Tage, vielleicht aber schon dieses Wochenende, bevor wir nach Phuket, Thailand fliegen.
Kurzum: Momentan verbringen wir unsere Zeit mit ein wenig Städtebummeln, Lesen, viel zu viel Essen und Sport, denn in dieser Region hier hat scheinbar fast jeder Wohnkomplex ein eigenes Fitness Studio und mehrere Pools, was uns echt gut gefällt. Allerdings haben wir von Städten langsam wirklich wieder genug und freuen uns schon auf Sonntag, wenn wir nach Phuket fliegen, wo wir uns für knapp zwei Wochen eine Air BnB Wohnung angemietet haben – günstig und direkt am Strand. Und natürlich mit Fitnessraum und Swimmingpool J! Schon irre, dass wir vor wenigen Monaten noch von Schmuggeln umzingelt in der usbekischen Steppe kampiert haben. Ha, Leben…
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