Abenteuer Pamir Highway - eine Reise am Limit für Mensch und Maschine

Die Zacken des gewaltigen Hindukusch immer vor Augen: die Straßen des Pamir an der afghanischen Grenze.
Die Zacken des gewaltigen Hindukusch immer vor Augen: die Straßen des Pamir an der afghanischen Grenze.

Der Pamir Highway – eines unserer im Vorfeld zum Reisehighlight auserkorenen Ziele. Die zweithöchste Fernstraße der Welt verläuft die meiste Zeit über 4.000 Meter Höhe, eingerahmt von mächtigen 7.000ern und in Steinwurfreichweite des Hindukuschs. Außerdem ein Paradies für Offroadfans wie Ben, da das gesamte Gebirge von anspruchsvollen Pisten durchzogen ist.

Reisedaten

Gefahrene Strecke: Osch (Kirgistan)  - Khorog (Tadschikistan)

 

Bereiste Länder: Kirgistan, Tadschikistan

 

Gefahrene Kilometer: ~2.200

 

Ein Fahrvideo von unserer Pamir tour findest du HIER.


In unserem letzten Update berichteten wir ja davon, dass wir in dem Guest House in Osch einen netten Australier namens Zach kennengelernt haben. An besagtem Abend, an dem er unter dem nicht besonders gesunden Einfluss russischen Vodka-Bieres gestanden hatte, meinte er noch, erst zum Issik Kul in Kirgistans Norden reisen zu müssen, bevor es in den südlichen Pamir geht. Am nächsten Morgen konnten wir uns aber über eine nüchternere WhatsApp-Nachricht von Zach freuen: Er habe noch einmal auf die Karte geschaut und es mache wirklich keinen Sinn erst in den Norden, dann in den Süden und dann wieder in den Norden zu fahren. Also hieß es von nun an wieder zu Dritt. Eine gute Entscheidung, da es deutlich sicherer ist mit zwei Maschinen im Pamir unterwegs zu sein, gibt es dort doch weder Strom noch Internet, noch frühzeitig erwartbare Hilfe bei Stürzen oder Pannen.

Als wir zum ersten Mal die Ausläufer des Pamir Gebirges vor uns erblicken, befinden wir uns bei einem extrem rudimentären Guest House in Sarytasch, kurz vor der tadschikischen Grenze. Und die Kulisse ist wirklich beeindruckend. Die schneebedeckten Gipfel ragen hoch in den Himmel, wie eine undurchdringliche Wand – und das, obwohl wir uns in Sarytasch bereits auf über 3.500 Metern Höhe befinden. Eine Höhe übrigens, die unsere Atemwege mit Sehnsucht nach mehr Sauerstoff quittieren, wodurch wir uns ständig etwas atemlos fühlen. Unangenehm. Am nächsten Tag geht es dann hinüber nach Tadschikistan. Die Grenzstation liegt auf 4.400 Metern Höhe und ist der rudimentärste Hüttenverschlag, den wir bisher gesehen haben. Hier ist die deutlich größere Armut Tadschikistans im Vergleich zu Kirgistan deutlich zu sehen. Unter anderem auch an den ersten Schmiergeldern, die wir abdrücken müssen: Ein Beamter in Trainingshose verlangt von uns umgerechnet zehn Dollar für ein Stück Papier mit einem Stempel. Als wir die Zahlung hinterfragen und einen Einheimischen auf die Summe ansprechen, die er bezahlen muss, wird der Grenzer aggressiv – wir haben ihn scheinbar ertappt. Wir nehmen die Papiere, geben ihm nur die Hälfte des Verlangten und werfen ihm noch eine Blicke mit so viel Abscheu und Verachtung hinterher wie möglich, bevor wir endlich den tadschikischen Pamir Highway fahren können. Eine anspruchsvolle, kraftzehrende, aber wunderschöne Angelegenheit!

Nachdem wir vom Tagesritt über Sand, Wellblechpiste und unglaublich schlechten Asphalt mit riesigen Schlaglöchern, brutalen Bodenwellen und mehrere Flussdurchfahrten platt wie Briefmarken sind, schlafen wir eine Nacht in Murghab – ohne Strom oder fließendes Wasser, dafür mit der Höhenkrankheit im Gepäck. Elli lässt es sich nämlich nicht nehmen und verbringt die Nacht damit, in unsere wertvollen, angesammelten Plastiktüten zu brechen, nachdem sie bereits seit Stunden über hämmernde Kopfschmerzen geklagt hatte. Glücklicherweise hat sie unsere allerbesten Mülltüten-Funde der gesamten Reise für sich beansprucht und sie haben dichtgehalten. Ben war zwar auch ein wenig übel, doch (noch) sollte alles gut gehen. Etwas gerädert und noch immer unter der dünnen Luft leidend ging es am nächsten Tag Richtung Bulunkul, einem kleinen Ort in der Nähe des Yashikul. Dort haben wir uns kurzerhand dazu entschieden wild zu campen, fernab jeglicher Zivilisation, dafür aber von brutal schöner Natur umgeben. Nur gut, dass wir bereits mittags dort angekommen sind, denn wir haben geschlagene vier Stunden versucht, unsere Benzinkocher anzubekommen, aufgrund der extremen Höhe und des wenigen Sauerstoffs in der Luft gar nicht so einfach! Als es dann endlich klappt und wir mit Zachs und unserem Kocher Reis und Gemüse aufsetzen, warten wir geschlagene drei Stunden, bis alles auch nur halbwegs gar wird. Zu dem Zeitpunkt ist es auch schon dunkel und wir haben echt Hunger…

Da am See eine ordentliche Brise weht und uns recht kalt ist, wollen wir unbedingt ein Feuer machen. Wenn wir ganz ehrlich sind eigentlich deshalb, weil wir die volle Lagerfeuerromantik auskosten wollen, die wir uns von diesem einmaligen Ort versprechen. Leider gibt es weit und breit kein einziges Stück Holz. Was also tun? Richtig: der moderne Dokumentations-Junkie weiß, dass die Einheimischen hier mit Yakscheiße ihre Feuerchen machen. Yaks gibt es dort oben glücklicherweise genug, also sammelt Elli mit einer großen Plastiktüte alle Hinterlassenschaften der gutmütigen Zottel ein, die sie finden kann, während die Herren der Schöpfung gegen die Benzinkocher kämpfen und entzündet bald ein loderndes Feuer, das zu unserer Überraschung überhaupt nicht stinkt. Als wir das halbgare Zeugs aus unseren Metallbechern gelöffelt haben, fragen wir uns halb im Scherz, ob es hier oben Raubtiere gebe. Nach gespieltem Gelächter und mannhaften Mutbezeugungen wagen wir schließlich einen Blick ins Dunkel mit unseren Stirntaschenlampen und sehen prompt mehrere funkelnde Augenpaare in nicht allzu weiter Ferne. Die Mutbezeugungen sind schnell vergessen und wir verkriechen uns schnell in die scheinbare Sicherheit unserer Zelte. Zugegeben: das Einschlafen war an diesem Abend nicht besonders einfach. Dafür hat auch noch der Umstand gesorgt, dass die auch bei Ben einsetzende Höhenkrankheit bei ihm für so brüllende Kopfschmerzen gesorgt hat, dass er kam schlafen konnte. Als dann auch noch Übelkeit hinzukam, hieß es auch für ihn: Mülltüten füllen! Am besten draußen, bei den Raubtieren, die schon seit vielen Stunden um unser Lager herumschlichen. Glücklicherweise schienen die pelzigen Racker nicht besonders erpicht darauf, ihm bei seiner Rückwärtsverdauung zu assistieren und ließen ihn in Ruhe.

Am nächsten Tag waren die Symptome der Höhenkrankheit bei uns beiden Verschwunden und so machten wir uns auf den Weg über den Khargush Pass nach Langar, auf die Südroute des Pamir Highway, die als fahrerisch besonders Anspruchsvoll gilt und sich über etwa 300 Kilometer an der afghanischen Grenze entlangzieht, getrennt nur durch einen reißenden Gebirgsfluss. Der ganze Weg, so anspruchsvoll er auch war, lässt sich kaum in Worte fassen. Es war absolut fantastisch und im wahrsten Sinne atemberaubend. Die Piste reichte von tiefem Schotter und Sand, über einfach komplett kaputte, halb abgerissene Schotterwege, bis hin zu dem üblichen Wellblech, also Passagen aus geriffeltem, ausgehärtetem Sand. Das Ganze fühlt sich beim Befahren an, als stünde man auf einer Rüttelplatte, sodass wir ständig fürchteten, dass unsere Koffer ab vibrieren (oder unsere Köpfe). Das einzige was hilft ist in diesem Fall Gas geben, denn auch wenn der Untergrund nicht zu fahrerischem Selbstbewusstsein verleitet, hört das Vibrieren zwischen 80 und 100 km/h auf. Also Augen zu und durch…

Nachdem wir die Südroute und wirklich gierige Guest House Betreiber (18 Dollar pro Peron für ein Bett, keinen Strom, kaum fließend Wasser) hinter uns gebracht haben, erreichen wir Khorog – das erste Mal wieder gefühlte Zivilisation. In dem Hostel der Wahl, der Pamir Lodge, treffen wir viele andere Reisende, die meisten mit Fahrrädern unterwegs. Dort herrscht eine tolle Abenteurerstimmung und wir sind besonders stolz auf unsere Tour über die Südroute, da uns viele andere Reisende sagen, das sei ihnen zu heftig. Es ist toll so viele (etwa 20) Gleichgesinnte zu sprechen, die sich auf ähnliche Abenteuer begeben wie wir und uns fällt der Abschied nach zwei Nächten schwer. Es ist nämlich erstaunlich, wie schnell man Freundschaften schließt, wenn man sich auf einem gemeinsamen Weg am Limit befindet. Aber das Los der Reisenden ist leider das Loslassen, also fahren wir über die Nordroute (den „normalen“ Pamir Highway) zurück nach Murghab und Osch. Trotz der heftigen Straßenverhältnisse ohne Panne, ohne Stürze und ohne erstickt zu sein :-)!

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Kommentare: 3
  • #1

    Thomas Sommer (Freitag, 05 August 2016 15:49)

    Benny und Elli!!! Das ist ja einfach nur unfaßbar geil!!! Die Bilder (und natürlich auch der Reisebereicht

  • #2

    Frauke (Donnerstag, 11 August 2016 18:45)

    Vielen Dank für eure tollen Worte und für die atemberaubenden Bilder. Viel Spaß euch beiden! :-)

  • #3

    Jonas (Dienstag, 26 März 2019 04:09)

    Super Bericht und schöne Bilder. Ich hab direkt Lust sofort loszufahren . Macht Spaß den Bericht zu lesen. Ich möchte die Straße nächstes Jahr fahren. Wie sieht es dort mit der Spritversorgung aus? Mit welcher Reichweite sollte man rechnen?